Hell Clock: Ein neuer Stern am ARPG-Himmel? – Review

Hell Clock ist ein Action-RPG mit Roguelike-Elementen von Rogue Snail und Mad Mushroom, das einen in eine düstere, alternative Version des späten 19. Jahrhunderts entführt. Inspiriert vom Canudos-Massaker in Brasilien, vereint das Spiel rasante Kämpfe, eine tiefgreifende Charakterprogression und eine eigenwillige Story zu einem intensiven Spielerlebnis, das Genre-Fans gleichermaßen reizt wie Neueinsteiger.

Wenn die Uhr gnadenlos tickt

Im Zentrum von Hell Clock steht die namensgebende Uhr: jede Spielsession ist durch einen Countdown begrenzt, der ständiges Abwägen zwischen Risiko und Belohnung erzwingt. Entscheidungen müssen schnell getroffen werden, Portale erlauben das Überspringen von Ebenen, kosten aber Erfahrung und Ressourcen. Wer es entspannter mag, kann den „Relaxed Mode“ wählen und die Zeit ausschalten, so lässt sich die Welt in eigenem Tempo erkunden.

Die Progression hängt eng mit Relikten, Fähigkeiten und neuen Items zusammen. Jeder Run bietet die Chance, einzigartige Kombinationen auszuprobieren, die den eigenen Spielstil erheblich verändern. Doch die Herausforderung ist spürbar: Wie in den meisten Titeln dieses Genres kann es in manchen Spielabschnitten zu einem gewissen Ungleichgewicht zwischen Gegnerstärke und Spielerfortschritt kommen, was einzelne Runs frustrierend machen kann. Insgesamt sorgt die Mechanik aber für einen ständig aufregenden Rhythmus, der bei jedem Durchgang neue Strategien und Taktiken belohnt.


© Rogue Snail / Mad Mushroom

Ein farbenfroher und doch düsterer Albtraum zugleich

Die handgezeichnete Grafik von Hell Clock ist ein echter Hingucker. Dunkle, warme Rottöne und tiefe Schatten tauchen die Spielwelt in eine bedrohliche, beinahe greifbare Atmosphäre. Jede Umgebung ist detailliert gestaltet, von brennenden Dörfern über verwinkelte Untergrundpassagen bis hin zu den finsteren Hallen der Hölle. Gegnerdesigns und Spezialeffekte tragen zu einem stetig dynamischen Spielgeschehen bei.

Besonders beeindruckend ist, wie die Welt durch kleine Details lebendig wird: flackerndes Feuer, bröckelnde Mauern und die subtilen Animationen der Charaktere schaffen ein immersives Erlebnis. Man wird motiviert, jeden Winkel zu erkunden, weil sich hinter jeder Ecke neue visuelle und spielerische Überraschungen verbergen.

Der Sound führt einen noch tiefer ins Geschehen

Das Sounddesign von Hell Clock verstärkt die düstere Stimmung des Spiels auf meisterhafte Weise. Jeder Schritt, jede Attacke und jeder Zauber wird von passgenauen Effekten untermalt. Die Musik trägt die Spannung, steigert sie in hektischen Kämpfen und lässt in ruhigeren Momenten die bedrohliche Atmosphäre der Welt wirken.

Die Soundkulisse reagiert dynamisch auf Situationen: In den Tiefen der Hölle wird sie drängender und bedrohlicher, auf den Schlachtfeldern chaotisch und intensiv. Dies verstärkt die Immersion und sorgt dafür, dass man sich immer mitten im Geschehen fühlt.


© Rogue Snail / Mad Mushroom

Geschichten, die einen in den Bann ziehen

Die Handlung von Hell Clock basiert lose auf dem Canudos-Massaker, einem tragischen historischen Ereignis in Brasilien, und wird durch die düstere Linse eines alternativen 19. Jahrhunderts erzählt. Hierbei schlüpft man in die Rolle von Pajeú, einem Krieger, dessen Aufgabe es ist, die finsteren Mächte zu bekämpfen, die seine Welt bedrohen, und die Seele seines Mentors zu retten. Die narrative Gestaltung verbindet historische Anlehnung mit übernatürlichen Elementen und schafft so eine packende, unvorhersehbare Spielwelt.

Die Geschichte entfaltet sich nicht nur durch Zwischensequenzen und Dialoge, sondern vor allem durch die Umgebungen selbst. Verfallene Dörfer, blutgetränkte Schlachtfelder und bedrückende Unterwelt-Pfade erzählen ihre eigene, stille Geschichte und lassen einen Details entdecken, die subtil Hinweise auf die Geschehnisse der Vergangenheit liefern. Dieser Ansatz belohnt genaues Beobachten und Erforschen, da die Welt lebendig wirkt und jede Ecke eine kleine Story zu erzählen scheint.

Darüber hinaus sorgt das dynamische Zusammenspiel von Spielmechanik und Storytelling dafür, dass man als Spieler*in emotional involviert wird. Entscheidungen im Kampf, die Nutzung von Relikten oder das Risiko, Ebenen zu überspringen, haben nicht nur spielerische Konsequenzen, sondern wirken sich auch auf den Verlauf der Geschichte aus. Kleine narrative Elemente, wie zufällige Begegnungen oder versteckte Relikte mit Hintergrundinformationen, erweitern das Gefühl, Teil einer lebendigen, düsteren Welt zu sein.

Obwohl man sich an manchen Stellen mehr ausgearbeitete Nebencharaktere und tiefere Einblicke in die Motivationen der Figuren wünschen könnte, gelingt Hell Clock dennoch eindrucksvoll, eine bedrückende, intensive und immersive Atmosphäre zu erzeugen, die die dunkle Handlung unterstreicht und einen kontinuierlich in seinen Bann zieht.


© Rogue Snail / Mad Mushroom

Fazit: Herausfordernd, spaßig und ein farbenfrohes Fest für ARPG-Fans

Hell Clock kombiniert Action-RPG und Roguelike-Elemente auf eine Art, die sowohl herausfordernd als auch lohnend ist. Jeder Durchgang ist fordernd, belohnt aber auch geschicktes Handeln und strategisches Denken. Die Spielmechanik mit der gnadenlosen Uhr sorgt für einen konstanten Adrenalinschub, während die Charakterprogression durch Relikte, Fähigkeiten und Upgrades viel Raum für individuelle Spielstile lässt.

Visuell und akustisch zieht Hell Clock einen in eine dichte, düstere Welt: von den brennenden Landschaften bis zu den unheilvollen Soundeffekten und der stimmigen Musik wird jede Sekunde intensiv erlebt. Auch wenn es gelegentlich Balanceprobleme zwischen Gegnerstärke und Spielerfortschritt gibt und manche Runs frustrierend wirken können, sorgt gerade diese Herausforderung für ein starkes Erfolgserlebnis, wenn Hürden gemeistert werden.

Die Story und das Setting tragen weiter zur Faszination bei: Die lose Anlehnung an historische Ereignisse verleiht der Welt Tiefe und eine melancholische Note, während die motivierende Erzählung um Pajeú und seinen Kampf gegen die dunklen Mächte eine emotionale Bindung erzeugt. Kleine narrative Lücken oder wenig ausgearbeitete Nebencharaktere mindern den Eindruck nur minimal, da das Gameplay und die Atmosphäre den Fokus eindrucksvoll tragen.

Insgesamt ist Hell Clock ein packendes, stimmungsvolles Action-RPG, das zielsicher mit einer Mischung aus Herausforderung, Kreativität und stilistischer Eigenständigkeit belohnt. Wer Roguelike-Elemente und dynamisches Gameplay schätzt, wird hier viele Stunden fesselnder Unterhaltung finden.