Tales of the Shire: Eine ruhige Reise ins Auenland, die ihre Magie verspielt – Review

Tales of the Shire öffnet seine Pforten zu einer Welt, die sofort das Herz wärmt. Bywater, das kleine Hobbit-Dorf, empfängt Spieler*innen mit sanften Hügeln, plätschernden Bächen und der gemütlichen Architektur, die man aus Büchern und Filmen kennt. Schon beim ersten Schritt über die Wiesen spürt man die Liebe zum Detail: jede Blume, jeder Baum wirkt bewusst platziert, jede Bank am Dorfplatz erzählt still eine Geschichte. Das Gefühl von Ruhe und Heimat stellt sich sofort ein – als hätte man selbst einen Fuß in das Auenland gesetzt.
Doch diese Idylle wird schnell von der Realität eingeholt. Technische Schwächen, die zu Beginn kaum auffallen, werden nach wenigen Spielstunden deutlich: Framerate-Drops in waldreichen Abschnitten, kurze, aber spürbare Ladeunterbrechungen beim Betreten von Gebäuden und gelegentliche Grafikfehler, die Bäume oder NPCs kurzzeitig „flimmern“ lassen. Solche Kleinigkeiten zerstören zwar nicht die Grundstimmung, sie bremsen jedoch die Immersion immer wieder aus und erinnern daran, dass hinter der charmanten Fassade ein unausgereiftes System steht.

© Wētā Workshop / Private Division
Charmant, aber bald erschöpft
Die Mechaniken des Spiels sind durch und durch gemütlich – hier gibt es keine Hektik, keinen Druck. Kochen, Gärtnern, Gespräche mit den Dorfbewohnern – alles dient dem Aufbau von Beziehungen und einer kleinen, aber feinen Spielerfahrung. Besonders die Rezepte, die man im Laufe der Zeit entdeckt, fördern ein Gefühl von Kreativität und Erfolg. Man verbringt Zeit damit, kleine Mahlzeiten zuzubereiten, Zutaten zu sammeln, und das alles in einer Welt, die sich selbst Zeit lässt.
Doch je länger man spielt, desto deutlicher wird die Begrenztheit dieser Aktivitäten. Quests wiederholen sich oft im gleichen Muster, Nebenaufgaben sind vorhersehbar und die Dorfbewohner agieren nach starren Routinen. Es fehlt der Funke echter Dynamik; die Welt wirkt lebendig, aber nur auf den ersten Blick. Tiefergehende Interaktionen oder überraschende Ereignisse bleiben aus – die anfängliche Faszination verliert sich im Verlauf des Spiels.

© Wētā Workshop / Private Division
Malerisch von Weitem, enttäuschend nah
Visuell hat Tales of the Shire einiges zu bieten: Die Landschaften strahlen eine sanfte, idyllische Schönheit aus, die Farbpalette ist satt, warm und einladend. Sonnenuntergänge über den Hügeln wirken stimmungsvoll, das Licht fällt weich auf das Gras, und die kleinen Details, wie Schmetterlinge über den Blumenwiesen oder das leise Rauschen eines Bachs, verstärken die Immersion.
Nähert man sich jedoch genauer, wird klar, dass die Texturen nicht immer mithalten können. Einige Objekte wirken flach, Kanten sind kantig, Animationen von NPCs und Tieren stocken gelegentlich. Es entsteht ein kleiner Bruch zwischen der märchenhaften Fernwirkung und der nahen Realität. Während das Spiel von weitem wie ein Gemälde wirkt, lässt die Nähe an vielen Stellen die handwerklichen Schwächen erkennen.

© Wētā Workshop / Private Division
Ein kurzer Ausflug ohne Wiederkehr
Mit einer Spielzeit von etwa 13 Stunden ist Tales of the Shire ein angenehmes, kurzweiliges Erlebnis. Wer ein entspanntes, gemütliches Spiel sucht, findet hier genau das Richtige. Man kann durch die Wiesen streifen, in Ruhe Aufgaben erledigen und die friedliche Atmosphäre genießen.
Trotzdem hinterlässt das Spiel kaum nachhaltige Motivation. Fortschrittssysteme fehlen, Überraschungsmomente sind rar, und es gibt wenig Anreiz, nach dem ersten Durchgang zurückzukehren. Die anfängliche Neugier verwandelt sich schnell in Routine, wodurch die Welt nach einigen Stunden ihre Magie verliert.
Fazit
Tales of the Shire ist ein Spiel voller Herzenswärme und kleiner, liebevoll gestalteter Momente. Es vermittelt das Gefühl, kurzzeitig in das Auenland einzutauchen, und belohnt Geduldige mit kleinen Freuden wie kreativen Rezepten oder charmanten Dorfbewohnern. Doch die technischen Probleme, die repetitiven Aufgaben und die fehlende Tiefe verhindern, dass der Titel nachhaltig begeistert.
Für Fans von gemütlichen Simulationsspielen und Tolkien-Liebhaber bietet es dennoch eine stimmungsvolle Flucht aus dem Alltag. Wer jedoch eine lebendige, dynamische Welt sucht, die über einige Stunden hinaus fesselt, wird hier enttäuscht.
